Kundenabhängigkeit: Risikofaktoren für KMU – Teil 6 

Zu den bekannten Risiken für jedes Unternehmen, auch für KMUs gehört die Kundenabhängigkeit. Gemeint ist, dass einer oder wenige Großkunden den Umsatz dominieren. Das Geschäftsmodell richtet sich auf diese(n) Kunden aus. Oft geht diese auch eine längere Zeit gut. Irgendwann kann jedoch der Punkt kommen, an dem der Kunde entweder Druck ausübt – oder die Beziehung zum Kunden aus unterschiedlichen Gründen auseinander geht. Ein Sicherheitsnetz durch andere Kunden, die den dann fehlenden Umsatz auffangen könnten, fehlt dann. 

Das heißt nicht, dass es falsch wäre, einen Großkunden zu gewinnen – nur solte man sich der möglichen Risiken bewusst sein. Denn dann lassen sich schon frühzeitig Gegenmaßnahmen treffen.

Kundenabhängigkeit eines Unternehmens:

  • tritt auf, wenn der Umsatz eines Unternehmens stark von einem oder wenigen Großkunden abhängt
  • umfasst Risiken wie finanzielle Instabilität, Diversifikationsmangel und schwache Verhandlungsposition
  • gefährdet besonders KMU Unternehmen, da ihnen oft die Mittel fehlen, um den Verlust eines großen Kunden zu kompensieren
  • Kundenabhängigkeit kann u.a. durch Diversifikation, wie die Erschließung neuer Märkte und Zielgruppen, sowie durch ein umfassendes Risikomanagement reduziert werden.

Was bedeutet Kundenabhängigkeit?

Von Kundenabhängigkeit spricht man, wenn der Erfolg eines Unternehmens an einen großen Kunden geknüpft ist – oder einige wenige signifikante Abnehmer. Zu den Vorteilen gehört:

  • die Betreuung eines/weniger Kunden ist weniger aufwendig als die Beschäftigung mit dutzenden von ihnen
  • die Abläufe werden rasch zur Routine
  • eingespielte Vorgänge in Service und Produktion verlangen dem Unternehmer wenig ab
  • mit geringem Aufwand lassen sich zunächst gute Renditen erzielen.

So weit – so nachvollziehbar. Bis der Kunde auf bessere Konditionen drängt, seinen Partner wechselt oder insolvent wird. Macht ein einzelner Großkunde den Hauptteil des Geschäfts aus, ist ein Zerbrechen dieser Partnerschaft vor allem für kleinere Unternehmen und Unternehmen mittlerer Größe nur schwer zu verkraften. Besser ist es, die wirtschaftliche Abhängigkeit beizeiten zu erkennen und zu behandeln.

Abhängigkeit von einem großen Kunden erkennen 

Ein Kennzeichen von Abhängigkeiten ist es häufig, dass man sie subjektiv nicht wahrnimmt oder wahrnehmen will. Im Geschäftsleben helfen glücklicherweise Kennzahlen, die Anteile aller Kunden am Umsatz genau zu umreißen. So können KMU den Umsatzanteil von Großkunden leicht dingfest machen mit der folgenden Formel: 

Umsatz Großkunden [€] / Umsatz alle Kunden [€]

Besonders bedenklich ist die Lage, wenn der Großkunde mit der Gruppe aller Kunden identisch ist!

Welche Risiken birgt die Abhängigkeit von einem großen Kunden?

So schön es ist, sich einen wichtigen Kunden gesichert zu haben – die Risiken, die damit verbunden sind, sollte jeder Unternehmer im Auge behalten. Die wichtigsten werden hier vorgestellt. 

Finanzielle Instabilität 

Ist das gesamte Business auf den einen großen Kunden fokussiert, bleibt mit dessen Wegfall auch der Umsatz aus. Das ist eine unmittelbare Gefahr für die Liquidität eines Unternehmens – und Liquiditätsprobleme können durchaus in einer Insolvenz enden.

Diversifikationsmangel

Nur einer oder wenige Kunden bedeutet eine Einschränkung der eigenen geschäftlichen Aktivitäten. Dieser Mangel an Vielfalt macht eine Firma anfälliger für Veränderungen an den Märkten – es gibt kein breiteres Spektrum von Produkten oder Services, die bei der Überbrückung und Innovation helfen.

Verhandlungsposition

Ein Großkunde kann insbesondere kleineren Partnern schließlich die Bedingungen ditkieren oder zumindest diese sehr unter Druck setzen. Die Frage ist dann, was man ihm entgegenzusetzen hat und wie weit man in der Lage ist, politisch und wirtschaftlich, den Forderungen entgegenzukommen.

Für welche Unternehmen stellt das Risiko der Kundenabhängigkeit eine besondere Gefahr dar?  

Kleine und mittelgroße Unternehmen, die häufig an einem einzigen Standort, vielfach stark regional eingebunden, agieren, sind von den Risiken einer wirtschaftlichen Abhängigkeit von einem oder wenigen Kunden besonders betroffen. Ihnen fehlt die Liquidität und Diversifizierung, den Wegfall eines bedeutenden Kunden zu verkraften. Ist das eigene Kerngeschäft mit eigenen Risiken und Abhängigkeiten verbunden, wirkt sich dies erschwerend aus. Betroffen sind vor allem KMU, die ihre Leistungen und Produkte vorfinanzieren, schnell losschlagen oder nur saisonal anbieten können. Zu den beispielhaften Branchen gehören:

  • produzierende Unternehmen im Agrarsektor
  • produzierende Unternehmen mit hohen Materialkosten
  • kleinere Unternehmen im Gastgewerbe und Tourismus
  • Logistiker aller Art.

Grundsätzlich geraten kleinere Unternehmen schneller in Schieflage, wenn der Kunde, mit dem sie sich langjährig verbunden haben, die Zusammenarbeit aufkündigt.

Strategische Partnerschaften helfen Abhängigkeiten mindern

Unternehmer können Abhängigkeiten etwas entgegenwirken, indem sie die Unternehmensliquidität im Blick halten und optimieren. Denn Liquidität erweitert den Handlungsspielraum und schafft einen Puffer für schwierigere Zeiten. Bürgschaften über Versicherer, halten die Kreditlinie bei der Bank frei, wenn diese benötigt wird.

Melanie Larcher, Spezialistin Kautionsversicherungen

zitat frank liepner 6

Welche Gründe führen zur Kundenabhängigkeit?

Wie bereits angesprochen, ist der Weg in die Abhängigkeit vom Kunden zunächst etwas, was als vorteilhaft angesehen wird – denn die Konzentration auf einen Großkunden verlangt dem Unternehmen weniger Mühe ab. Die klar strukturierten, oft begrenzten Anforderungen eines Einzelkunden lassen sich gut verinnerlichen, die Anpassung aller Abläufe an diese Wünsche ist mest gut umsetzbar. Die Diversifizierung des Geschäfts und die Akquise verschiedener Kunden und Kundengruppen ist demgegenüber mit mehr und kontinuierlichem Einsatz verbunden.

Strategien zur Reduzierung der Kundenabhängigkeit

Die Angst vor einer Kundenabhängigkeit sollte kein Unternehmen dazu verleiten, auf einen oder mehrere große Kunden zu verzichten – denn derartige Geschäftspartner sind oft ein solides, vielleicht sogar krisenfestes Standbein. Wichtig ist jedoch, weitere Kunden, Kundengruppen und Geschäftsfelder zu erschließen – denn wer stehenbleibt, bleibt zurück. Empfohlen werden daher gezielte Maßnahmen in den folgenden Bereichen als Diversifikationsstrategie.

  • Diversifikation: Erkundung neuer Märkte und Zielgruppen
  • Marketing und Vertrieb: Intensivierung der Aktivitäten mit dem Ziel der Diversifizierung
  • Kundenbindung: Maßnahmen zur Stärkung der Kundenbindung bei den Bestandskunden
  • Innovation: Entwicklung neuer Services oder Produkte für eine erweiterte Zielgruppe.

Welche weitere Abhängigkeiten können für Unternehmen Risiken darstellen?

Die Kundenabhängigkeit ist nur eines der möglichen Unternehmensrisiken – im Auge behalten sollten Unternehmern auch weitere Aspekte. Externe Risiken durch regulatorische oder politische Einflüsse, Naturereignisse oder Konflikte lassen sich nicht immer vorhersehen, werden jedoch in einem stabilen Unternehmen besser aufgefangen.
Interne Risiken entstehen aus strukturellen Schwächen – dazu gehören Abhängigkeiten von Zulieferern und externen Dienstleistern, finanzielle Abhängigkeiten oder personelle Abhängigkeiten. Das Risikomanagement im Unternehmen geht im besten Fall proaktiv mit solchen potenziellen Krisenherden um, entwickelt Notfall-Szenarien und sichert sich ab, um ein 
organisches Wachstum eines Unternehmens zu sichern.

Fazit

Abhängigkeiten sind im Geschäftsleben keine Ausnahme, sondern die Regel. Jedes Unternehmen ist Teil eines Netzwerks von Verbindlichkeiten. Solange die Beziehungen zwischen Unternehmen, Kunden, Zulieferern und Partnern hinreichend breit gefächert sind, ist der Ausfall eines einzelnen Elements zu verkraften. Wer sich zu stark konzentriert auf den einen großen Kunden, kann unter Umständen vor Herausforderungen stehen, wenn dieser die Geschäftsbeziehung endet.

Melanie Larcher

Melanie Larcher ist seit vielen Jahren bereits bei der SHL tätig. Sie berät bestehende Kunden ebenso wie potenzielle Neukunden über die verschiedenen Bürgschaftsarten und darüber, wie Unternehmen ihre Liquidität verbessern können. Da die Bonität einen entscheidenden Einflussfaktor in der Geschäftswelt darstellt, gilt es auch hier die Unternehmen aufzuklären und Tipps zur Verbesserung des Ratings zu geben.

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