Anzahlung bei Auftragserteilung: Chancen und Risiken 

Sie kämpfen mit der Vorfinanzierung materialintensiver Projekte, möchten Ihre offenen Forderungen minimieren oder einem hochpreisigen Neukundengeschäft entspannter entgegensehen? Dann denken Sie vielleicht darüber nach, mit Ihren Kunden eine Anzahlung bei Auftragserteilung zu vereinbaren. Zahlreiche Unternehmen haben mit einer Vorauszahlung für einen Auftrag bereits gute Erfahrungen gemacht, da sich dadurch das Risiko des Geschäfts besser zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber verteilen lässt. In unserem Artikel erfahren Sie, was Sie bei der Vereinbarung von Anzahlungen beachten sollten. Außerdem erhalten Sie einen Überblick über die Vor- und Nachteile und finden einige praktische Tipps für die Umsetzung.  

Besonderheiten bei einer Anzahlung

  • Es gibt keine gesetzliche Grundlage für Anzahlungen.
  • Dennoch sind Anzahlungen sowohl bei privaten als auch gewerblichen Geschäften üblich.
  • Formal falsche Anzahlungsvereinbarungen (z.B. als Hinweis in den AGBs) können einen unwirksamen Vertrag zur Folge haben.
  • Die Anzahlungshöhe ist frei verhandelbar, kann aber bei zu hohen Forderungen zu einer Nichtigkeit des Vertrags führen.

Ist die Anzahlung bei Auftragserteilung allgemein üblich? 

Als Unternehmer ist Ihnen selbstverständlich daran gelegen, mögliche Kunden nicht durch ungewöhnliche Zahlungswünsche abzuschrecken. Doch in zahlreichen Branchen ist es durchaus üblich, bei Vertragsabschluss eine Anzahlung zu vereinbaren. Beispielsweise gehört beim Onlinehandel die Vorkasse als Bezahlvariante häufig zum Standard. Von einer Anzahlung profitieren auch viele Unternehmen unterschiedlicher Sparten, die langfristige Projekte durchführen, Großaufträge erhalten oder Spezialanfertigungen übernehmen. Außerdem ist die Anzahlung bei Auftragserteilung für Bauprojekte bekannt, da sie gerade bei umfangreicheren Aufträgen mehr Sicherheit verschafft.

Tatsächlich ist die Frage, ob Kunden eine Anzahlung für einen Vertrag akzeptieren werden, nicht unbedingt branchenabhängig. Sie entscheiden sich häufig für das Angebot, bei dem das Gesamtpaket passt und überzeugt.  

Was müssen Sie rechtlich beachten? 

Eine Anzahlung bei Auftragserteilung ist per Gesetz so nicht vorgesehen. Grundsätzlich wird nämlich erst bei Lieferung bezahlt. Das bedeutet in der Regel, eine Anzahlung kann nur individuell zwischen Vertragspartnern ausgehandelt werden und ein Kunde kann eine Anzahlung bei Vertragsabschluss auch ablehnen. Daher könnte die Vereinbarung zu einer Anzahlung unter Umständen unwirksam sein.

Das ist zum Beispiel schon passiert, wenn Unternehmen eine Anzahlungsvereinbarung in ihre AGB übernahmen, im Vertrag Standardformulierungen nutzten oder eine überhöhte Anzahlungsanforderung an den Kunden stellten.

Falls eine Anzahlungsvereinbarung in einem Vertrag ungültig ist, kann das Folgen haben, die bis hin zum Verlust des Auftrags oder zu Schadenersatzansprüchen für den Auftraggeber führen könnten.  

Informieren Sie sich über die genauen rechtlichen Möglichkeiten bei einem Anwalt, bevor Sie mit Kunden eine Anzahlung vereinbaren. Er kennt die aktuelle Rechtsprechung und kann Ihnen die Fallstricke aufzeigen. Außerdem ist es sinnvoll, Verträge von einem Juristen prüfen zu lassen, um auf der sicheren Seite zu sein.  

Welche Chancen bieten sich Ihrem Unternehmen durch Anzahlung? 

Damit ein Geschäftsbetrieb profitabel ist und auch in Zukunft auf sicheren Beinen stehen kann, müssen Unternehmer ganz unterschiedliche Risiken managen. Die Anzahlung bei Geschäften kann dabei helfen, einige dieser Risiken im Griff zu behalten:  

  • Liquiditätsprobleme: Eine Vorauszahlung hilft dabei, die Kosten für Material und Produktion zu finanzieren, und verhindert einen Liquiditätsengpass. Das ist besonders wichtig, wenn viele Projekte parallel laufen oder ein Betrieb verhältnismäßig hohe Herstellungskosten decken muss.  
  • Forderungsausfall: Ein Kunde, der einen Teil der Kosten bereits bei Vertragsbeginn begleichen kann, wird in der Regel auch eher in der Lage sein, den Restbetrag zu tragen. Und selbst wenn es zu einem Zahlungsausfall kommt, bleibt ein Unternehmen bei Anzahlung nicht auf den gesamten Kosten sitzen. 
  • Auftragsausfälle: Auftragnehmer, die bereit sind, eine Anzahlung zu leisten, sind meist auch an der Durchführung des Auftrags interessiert und springen nicht so schnell ab. Mit solchen Kunden kann Ihr Unternehmen besser planen. 

Mit welchen Risiken und Nachteilen müssen Sie rechnen? 

Ein Auftragnehmer kann die Nachteile, die eine Anzahlungsvereinbarung mit sich bringt, eingrenzen, indem er darauf achtet, die Vereinbarung mit seinem Kunden rechtssicher zu gestalten und sie bestenfalls rechtlich prüfen lässt. Unter bestimmten Voraussetzungen kann es jedoch trotzdem dazu kommen, dass ein Kunde seine Anzahlung zurückzufordern darf. Dann muss natürlich die notwendige Liquidität für die Rückzahlung vorhanden sein. Gleichzeitig ist es auch wichtig, das Risiko zu sehen, dass der Auftraggeber bei einer Anzahlungsvereinbarung eingeht. Er könnte beispielsweise seine Anzahlung verlieren, wenn der Auftragnehmer insolvent wird oder betrügerische Absichten hat.    

Wie viel Anzahlung sollten Sie mit Ihren Kunden vereinbaren? 

In manchen Branchen ist eine Anzahlung bis 10 % des Gesamtbetrags bei Auftragserteilung üblich, in anderen können es auch bis zu 30 oder sogar 50 % sein. Da es sich dabei um eine individuelle Vereinbarung handelt, gibt es auch immer Spielraum für Verhandlungen. Wie hoch die Anzahlung bei Ihren jeweiligen Verträgen ausfällt, wird natürlich auch vom Auftraggeber, dem Projekt, der Auftragslänge und Ihrer Kalkulation abhängen. Doch sollten Sie darauf achten, dass eine überhöhte Anzahlung wiederum zur Unwirksamkeit der Vereinbarung führen könnte.

Aus dem Handwerk ist zusätzlich oder auch anstatt der Anzahlung auch die Abschlagszahlung bekannt. Dabei werden Teilleistungen, die bereits erfolgt sind, abgerechnet. Sie sind je nach Geschäft und Vertrag eine sinnvolle Alternative zur Anzahlung.   

Eine liquiditätsschonende Anzahlungsbürgschaft

Anzahlungen gehören heute zum Geschäftsalltag. Sie machen viele Verträge erst möglich, da sie für die notwendige Liquidität beim Auftragnehmer sorgen. Der Auftraggeber fordert im Gegenzug eine Absicherung. Eine Anzahlungsbürgschaft hilft dabei beiden Seiten. Sicherheit auf Seite des Auftraggebers und mehr Liquidität auf Seite des Auftragnehmers. Zudem wird eine Versicherungsbürgschaft nicht auf die Kreditlinie der Bank angerechnet. 

Kritaya Moschna, Spezialistin Kautionsversicherungen

zitat frank liepner 6

Wie formulieren Sie die Anzahlung bei Auftragserteilung? 

Für die Vereinbarung einer Vorauszahlung gibt es kein festes Muster. Sie sollte von den Vertragsparteien individuell festgelegt werden und Experten empfehlen sogar, sie eher als Verhandlungsergebnis festzuhalten und von beiden Vertragsparteien abzeichnen zu lassen. Doch wie bei allen Vereinbarungen gilt: Sie sollte kurz und präzise formuliert sein, sodass sie sich nicht interpretieren lässt.

Bekannt sind Formulierungen wie: 10 % des Kaufpreises von XX Euro werden als Anzahlung bei Auftragserteilung fällig. Wie im Artikel beschrieben ist jedoch darauf zu achten, dass kein Standarformulierungen verwendet werden oder sich Hinweise auf Anzahlungen in den AGBs befinden. Unterstützung bei der Formulierung einer Anzahlung bei Auftragserteilung, die der Rechtsprechung entspricht, erhalten Sie bei einem Anwalt.  

Fazit

In vielen Branchen ist es üblich, eine Anzahlung bei Auftragserteilung zu vereinbaren, obwohl sie genau genommen nicht vorgesehen ist. Dadurch verfügt der Auftragnehmer über ausreichend Liquidität, um Material und Produktionskosten zu tragen, mit denen er sonst in Vorleistung gehen müsste. Damit bei beiden Vertragsparteien Rechtssicherheit herrscht, ist es gut, vor der Vereinbarung juristischen Rat einzuholen. Hohe Anzahlungen decken viele Unternehmen mit einer Anzahlungsbürgschaft durch ein Versicherungsunternehmen ab.  

Kritaya Moschna

Kritaya Moschna steht als Spezialistin für Kautionsversicherungen allen Unternehmen zur Seite, die ihre Liquidität und ihren Finanzierungsmix mit Bürgschaften optimieren möchten oder Bürgschaften als Sicherheit für ihre Aufträge benötigen. Eine ganzheitliche Betreuung mit intensiver Bedarfsanalyse, unabhängiger Angebotsvergleiche und einer effizienten Abwicklung ist ihr sehr wichtig. Nur so können auf das Unternehmen zugeschnittene Lösungen entstehen.

Das könnte Sie auch interessieren

Ausfallbürgschaft und ihr entscheidender Nachteil

Sie gehört zwar zu den bekannten, doch keinesfalls zu den besonders häufig eingesetzten Bürgschaftsformen: die Ausfallbürgschaft. Ihre Hauptaufgabe ist es, bei Geschäftsvorgängen eine Zahlungsverpflichtung oder ...

weiter
Ausfallbürgschaft und ihr entscheidender Nachteil

Niedrige vs. hohe Liquidität: Was ist optimal

Niedrige Liquidität schadet dem Unternehmen. Doch auch sehr hohe Liquidität ist ein Anzeichen für Verbesserungsbedarf. Der berühmte goldene Mittelweg liegt bei einer optimalen Liquidität – ...

weiter
Niedrige vs. hohe Liquidität: Was ist optimal

Wachstumsphasen im Unternehmen: Verstehen und Fördern

​Wachstumsphasen ​in Unternehmen sind ​Zeiträume, den Manager und Inhaber gezielt für sich nutzen können. Wenn das Unternehmenswachstum Fahrt aufnimmt, lässt es sich durch Strategien und ...

weiter
Wachstumsphasen im Unternehmen: Verstehen und Fördern