Liquiditätsengpässe: Risikofaktoren für KMU – Teil 2

Sie gelten als kein gutes Omen: Viele sehen Liquiditätsengpässe als Zeichen für krankende und schwächelnde Firmen. Aus diesem Grund sind Liquiditätsprobleme bei Unternehmern, Investoren und Bankern gleichermaßen gefürchtet. Tatsache ist jedoch, dass auch gesunde Betriebe von Liquiditätsengpässen betroffen sein können und es effektive Maßnahmen gibt, um mögliche negative Folgen zu vermeiden. Was ist ein Liquiditätsengpass genau? Und wie können Sie ihn überbrücken?

Liquiditätsengpässe bei einem Unternehmen

  • entstehen vor allem durch Umsatzrückgang, unbezahlte Kundenrechnungen, gestiegene Kosten und unerwartete Ausgaben.
  • haben eine negative Auswirkung auf: Die Zahlungsfähigkeit, das Image des Unternehmens, die Gefahr der Insolvenz und die Wettbewerbsfähigkeit.
  • lassen sich im Vorfeld vorbeugen, zum Beispiel durch die Implementierung eines effizienten Forderungsmanagements, die Senkung von Kosten, die Bildung von Rücklagen und das In-Betracht-Ziehen alternativer Finanzierungsmöglichkeiten.
  • erfordern Sofortmaßnahmen wie die Nutzung kurzfristiger Kredite und Verhandlungen mit Geschäftspartnern, um die Liquidität zu verbessern und die negativen Folgen zu minimieren

Was bedeutet Liquiditätsengpass?

Liquidität beschreibt die Fähigkeit eines Unternehmens, mit vorhandenen freien Mitteln die laufenden Rechnungen und Verbindlichkeiten zu bezahlen. Sobald die Geldmittel nicht mehr ausreichen, um die Ausgaben des Betriebs kurzfristig zu bezahlen, spricht man von einem Liquiditätsengpass.

Liquiditätsengpässe Definition

Kassenbestände und Bankguthaben gehören zu den flüssigen Mitteln, die ein Unternehmen verwendet, um seine Rechnungen zu bezahlen. Zu den Verbindlichkeiten gehören sowohl die festen laufenden Kosten wie Mieten und Gehälter als auch Lieferantenrechnungen, Reparaturkosten und Steuerzahlungen. Damit immer genug Geld da ist, um die Ausgaben zu decken, müssen Firmen sorgfältig planen und vorausschauen. Liquiditätsengpässe entstehen zum Beispiel, wenn über einen bestimmten Zeitraum keine ausreichenden Einnahmen vorhanden sind, die Ausgaben zu hoch sind oder beide Fälle gleichzeitig eintreffen. Dann ist die Bezahlung der kurzfristigen Verbindlichkeiten gefährdet und das Unternehmen steht vor einer Liquiditätslücke.

Wie entstehen Liquiditätsengpässe? Die 4 häufigsten Auslöser

Die Herausforderungen für Unternehmen bestehen unter anderem darin, die Liquidität trotz schwankender Einnahmen und Ausgaben in der Waage zu halten. Auch bei gesunden Betrieben können verschiedene Liquiditätsrisiken Einfluss auf die Zahlungsfähigkeit nehmen und Liquiditätsengpässe verursachen. Die häufigsten Auslöser sind:  

  1. 1
    Umsatzrückgang: Wenn Verkaufszahlen plötzlich einbrechen oder Ihr Unternehmen einen Großkunden verliert, bleiben verschiedene Fixkosten wie Gehälter oder Leasingverträge und Zinszahlungen erst einmal auf gleichem Niveau. Dadurch entstehen schnell finanzielle Lücken, die Sie überbrücken müssen.  
  2. 2
    Unbezahlte Kundenrechnungen: Ein Betrieb erhält Zahlungen, mit denen er bereits gerechnet hat, zu einem späteren Zeitpunkt oder gar nicht. Gleichzeitig hat er eigene Zahlungsverpflichtungen, die nicht warten können.
  3. 3
    Gestiegene Kosten: Sobald ein Unternehmen teurer einkaufen muss, als es für seine vereinbarten Geschäfte kalkuliert hat, besteht die Gefahr, dass die Einnahmen nicht für die Ausgaben ausreichen. Das passiert nicht nur bei gestiegenen Rohstoffpreisen, sondern auch höhere Energiekosten, Mietausgaben und Personalkosten können für Liquiditätsengpässe verantwortlich sein.
  4. 4
    Unvorhergesehene Ausgaben: "C'est la vie!" Eine Maschine streikt und verursacht eine hohe Reparaturrechnung oder eine Produktcharge war fehlerhaft und muss nachgearbeitet werden – immer wieder entstehen Kosten, mit denen niemand rechnet. Und gerade deshalb können sie schnell Liquiditätsengpässe auslösen.

Wo liegen die Ursachen für Liquiditätsengpässe?

Es gibt zahlreiche externe und interne Gründe und oft ist es eine Verkettung mehrerer Faktoren, die ein gesundes Unternehmen in einen Liquiditätsengpass führen.

Externe Ursachen für Liquiditätsengpässe:

Bestimmte Risiken, die zu einer knappen Liquidität führen können, liegen außerhalb der Macht eines Unternehmens:

  • Konjunktur: Inflation oder Rezession beeinflussen die Verkaufszahlen und den Umsatz.

  • Saisonale Schwankungen: Je nach Branche hängen die Einnahmen vom Kalender und den Jahreszeiten ab. Fixkosten bleiben häufig aber das ganze Jahr über konstant. Dauert der Winter länger oder ist der Sommer kalt und nass, kann das die gesamte Kalkulation über den Haufen werfen.

  • Finanzielle Probleme von Kunden oder Lieferanten: Forderungsausfall und Lieferverzögerungen bringen die Einnahmen- und Ausgabenrechnung von Unternehmen aus dem Gleichgewicht.

Interne Ursachen für Liquiditätsengpässe: 

Die internen Gründe für einen Liquiditätsengpass unterscheiden sich von den externen dadurch, dass Firmen Einfluss auf sie haben oder die Risiken sogar ganz vermeiden können:

  • Fehlende Diversifizierung: Ein paar wenige Großkunden, ein kleiner Markt oder wenige, aber umfangreiche Projekte führen bei konjunkturellen Schwankungen oder Forderungsausfällen wesentlich schneller zu einem Liquiditätsproblem.

  • Knappe Kalkulation: Eine kleine Marge macht ein Unternehmen empfindlich für gestiegene Energie- und Rohstoffkosten.

  • Großzügige Rechnungslegung: Lange Zahlungsziele und Versäumnisse beim Mahnwesen verlagern die Einnahmen in die Zukunft und erhöhen das Risiko für Liquiditätsengpässe.

  • Fehlinvestition: Selbst gut geplante Investitionen und Produktentwicklungen haben nicht immer gesundes Unternehmenswachstum zur Folge. Manchmal führen sie sogar zu unrentablen oder bezuschussten Unternehmensbereichen, die wiederum die Liquidität stark belasten und Liquiditätsengpässe wahrscheinlich machen.

  • Überschuldung: Für Verbindlichkeiten bezahlen Unternehmen Zinsen und müssen Tilgung aufbringen. Je höher die Kredite, desto höher dann auch die konstanten Ausgaben.

  • Fehler bei der Finanzplanung: Eine vergessene Steuerbelastung auf dem Unternehmenskonto, gestiegene Sozialabgaben oder Tariflöhne, ein unvorhergesehener Rechtsstreit – bei Betriebsausgaben, die nicht einkalkuliert sind, sind Liquiditätsengpässe vorprogrammiert.  

Welche Auswirkungen haben Liquiditätsengpässe auf ein Unternehmen?

Die erste Sorge von Unternehmern ist, dass Liquiditätsengpässe zu Zahlungsunfähigkeit und damit zur Insolvenz führen werden. Allerdings ist nicht jede Liquiditätslücke groß genug, um eine Firma ins Wanken zu bringen, wohl aber, um ihr zu schaden. Muss ein Betrieb für seine Zahlungsverpflichtungen um Aufschub bitten, leidet sein Ruf bei Lieferanten und Geschäftspartnern. Als Folge erhält er Rohstoffe vielleicht verspätet und kann seinen Liefer- und Leistungsverpflichtungen nicht fristgerecht nachkommen. Dadurch verliert ein Unternehmen schnell Kunden oder ganze Marktanteile. Eventuell bedeuten Liquiditätsengpässe auch, dass Preisvereinbarungen hinfällig werden und die Betriebs- und Produktionskosten steigen. Wenn eine Firma die Personalkosten nicht pünktlich bezahlen kann, muss sie mit dem Verlust von Fachpersonal und Problemen bei der Personalsuche rechnen. Aus diesen Gründen ist es wichtig, bereits im Vorfeld ausreichend Maßnahmen zu treffen, um drohende Liquiditätsengpässe zu erkennen und zu bekämpfen.

Welche Maßnahmen helfen dabei, einen Liquiditätsengpass zu überbrücken?  

Rechtzeitig bevor das Kontoguthaben nicht mehr für die nächste fällige Rechnung ausreicht, sollten sich Unternehmer fragen: "Was tun bei einem Liquiditätsengpass?" Der erste Schritt ist meist, den Kontokorrentkredit in Anspruch zu nehmen. Doch die Kreditlinie ist endlich und durch hohe Zinsbelastungen werden sich ernsthafte Liquiditätsengpässe nur weiter verschärfen. Deshalb werden in vielen Fällen andere Maßnahmen die Liquidität verbessern:

  • Gehen Sie aktiv auf Geschäftspartner wie Lieferanten und Banken zu und vereinbaren Sie Tilgungsaussetzung, Teilzahlung oder längere Zahlungsziele.

  • Sparen Sie bei den Ausgaben, in dem Sie günstig einkaufen, ungenutzte Leasingverträge und Mitgliedschaften kündigen oder sogar Personal entlassen.

  • Reduzieren Sie Privatentnahmen.

  • Verringern Sie die Lagerhaltung soweit möglich.

  • Verkaufen Sie Inventar. Eventuell ist Sale-and-lease-back sinnvoll.

  • Verkaufen Sie Ihre offenen Forderungen (Stichwort: Factoring).

  • Forschen Sie nach, ob es Unterstützung von staatlicher Seite für Ihren Betrieb gibt (Beispiel Corona-Überbrückungshilfe).

Der Kontokorrentkredit ist lediglich zur Überbrückung kurzfristiger und kleinerer Liquiditätsengpässe geeignet. Für längerfristige liquide Mittel beantragen Sie alternativ einen Firmenkredit mit günstigeren Zinsen und einer Tilgungsvereinbarung. Außerdem könnten für den Liquiditätsbedarf Ihres Unternehmens auch Förderkredite der KfW infrage kommen. Dafür ist allerdings eine sorgfältige Prüfung der Zahlen und ein durchdachter Liquiditätsplan erforderlich.

Was sollten Sie bei einer Liquiditätslücke durch zahlungsunfähige Geschäftspartner unternehmen?

Zahlungsschwierigkeiten von Lieferanten und Kunden wirken sich auch auf Ihren Betrieb aus. Um die Folgen so gering wie möglich zu halten, sollten Sie das Gespräch suchen. Mit Vereinbarungen über längere Zahlungsziele, Ratenzahlung oder erleichterte Liefer- und Leistungsziele können Sie die Auswirkungen auf Ihre eigene Liquidität verringern. Vorbeugende Maßnahmen sind:

  • Auskunft bei Unternehmensregistern

  • Geschäfte mit Bürgschaften absichern

  • Rücklagen für Ausfälle aufbauen

Wie geht ein Unternehmen konkret gegen Liquiditätsengpässe vor? Ein Beispiel  

Das fiktive, mittelständische Produktionsunternehmen Fertigung-Makellos GmbH musste neben den sprunghaft angestiegenen Energiekosten einen weiteren Schlag verkraften: Lieferverzögerungen und eine erhöhte Nachfrage ließen die Rohstoffpreise durch die Decke gehen. Schnelles Eingreifen durch die Geschäftsführung wurde notwendig, um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern. Daher initiierte sie gegen den Liquiditätsengpass Maßnahmen:

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    Um Sofortmaßnahmen zu definieren, ließ die Geschäftsführung durch die Finanzabteilung den Cashflow analysieren. Dabei entdeckten sie weitere Ursachen, die beim Liquiditätsengpass von Bedeutung waren. Neben den erhöhten Produktions- und Betriebskosten gab es einen Anstieg bei den verzögerten Kundenzahlungen und einige unvorhergesehene Ausgaben, für die keine Rücklagen gebildet worden waren.
  2. 2
    Daraufhin veränderte die Fertigung-Makellos GmbH ihr Forderungsmanagement. Sie verkürzte die Zahlungsziele von Kunden und arbeitete an einem effizienteren Mahnwesen. Gleichzeitig nutzte sie das Skonto bei allen Lieferantenrechnungen.
  3. 3
    Für die Überbrückung beim Liquiditätsengpass setzte die Geschäftsführung auf kurzfristige Kredite und Factoring. Dadurch konnte der akute Engpass abgefangen werden.
  4. 4
    Um bei der Liquidität in Zukunft mehr Spielraum zu erhalten, trat die Fertigung-Makellos GmbH mit neuen Lieferanten in Verhandlung. Wichtige Faktoren dabei waren günstige Konditionen, zuverlässige Lieferungen und längere Zahlungsziele.

Das Ergebnis: 

Der Fertigung-Makellos GmbH gelang es nicht nur, beim Liquiditätsengpass Maßnahmen umzusetzen, die für schnelle finanzielle Erleichterung sorgten und dem Unternehmen wieder Stabilität gaben. Sie suchte auch nach langfristig erfolgreichen Strategien und startete eine aktive Liquiditätsplanung, um in Zukunft ähnliche Herausforderungen besser zu meistern.

3 Tipps, wie Sie Liquiditätsengpässen vorbeugen

Planung ist beim Liquiditätsengpass von Bedeutung. Mit einem effektiven Liquiditäts- und Risikomanagement können Sie bereits einigen Ursachen für Liquiditätsengpässe vorbeugen. Dadurch erkennen Sie rechtzeitig Probleme bei den Betriebs- und Produktionskosten, beim Umsatz oder den Verkaufszahlen. Außerdem reduzieren Sie das Risiko, unregelmäßige Ausgaben wie Steuerzahlungen zu vergessen und für unerwartete Ausgaben können Sie entsprechende Rücklagen und Reserven aufbauen.

Mit Bürgschaftsversicherungen durch den Liquiditätsengpass

Bürgschaftsversicherungen sind ein Finanzmittel, mit dem Unternehmen ihre Liquidität sinnvoll schonen, denn sie wirken sich nicht auf die Kreditlinie bei der Bank aus. Unternehmen, die für die Absicherung ihrer Geschäftsfälle mit Bürgschaften arbeiten, können mit der Bürgschaftsversicherung daher mehr Kredit erhalten. Das hilft dabei, Liquiditätsengpässe zu mildern.  

Melanie Larcher, Spezialistin Kautionsversicherungen

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Eine weitere Möglichkeit, Liquiditätsengpässe zu reduzieren ist ein straffes Debitorenmanagement. Legen Sie Zahlungsziele in den Rechnungen fest und scheuen Sie sich nicht, unbezahlte Rechnungen anzumahnen. Bei umfangreichen Projekten sollten Sie Teil- oder Anzahlungen mit den Kunden vereinbaren. Und mit Factoring können Sie das Risiko für Forderungsausfälle reduzieren.

Schließlich sollten Sie Leasing für Maschinen, Fahrzeuge und Anlagen in Betracht ziehen. Beim Kauf binden Sie Kapital Ihres Unternehmens, dass dann für den laufenden Betrieb fehlt. Setzen Sie stattdessen auf Leasing oder Miete, kostet das Ihr Unternehmen zwar einen monatlichen Betrag, doch das ersparte Kapital können Sie als liquide Mittel einsetzen.

Fazit

Kurz gesagt gilt für Liquiditätsengpässe die Definition: Die vorhandenen liquiden Mittel reichen nicht für die kurzfristigen Verbindlichkeiten aus. Um die fälligen Rechnungen bezahlen zu können, greifen viele Unternehmen zum Kontokorrentkredit. Doch das verschärft die Situation häufig. Es ist besser, die Ursachen für die Engpässe zu ermitteln und aktive Maßnahmen wie die Reduzierung von Kosten umzusetzen. Außerdem sollte mit einer soliden Liquiditätsplanung eine Strategie entwickelt werden, mit der Unternehmen zukünftig Liquiditätsengpässe vermeiden.

Melanie Larcher

Melanie Larcher ist seit vielen Jahren bereits bei der SHL tätig. Sie berät bestehende Kunden ebenso wie potenzielle Neukunden über die verschiedenen Bürgschaftsarten und darüber, wie Unternehmen ihre Liquidität verbessern können. Da die Bonität einen entscheidenden Einflussfaktor in der Geschäftswelt darstellt, gilt es auch hier die Unternehmen aufzuklären und Tipps zur Verbesserung des Ratings zu geben.

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