Die selbstschuldnerische Bürgschaft gehört zu den gängigeren Ausprägungen bei Bürgschaften. Der Gesetzgeber hat hier einige Rahmenbedingungen geschaffen, die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und im Handelsgesetzbuch (HGB) festgehalten werden. Sie sollen eine selbstschuldnerische Bürgschaft erbringen? Oder möchten einfach wissen, was diese Bezeichnung genau bedeutet? In beiden Fällen hilft Ihnen eine genaue Definition der selbstschuldnerische Bürgschaft sowie eine Erklärung dazu, was diese Sicherheit ausmacht und was auf die Beteiligten eines solcher vertraglichen Ergänzung zukommt.
Selbstschuldnerische Bürgschaft - Das Wichtigste in Kürze:
Was bedeutet selbstschuldnerische Bürgschaft?
Einer Bürgschaft im Allgemeinen geht immer eine Vereinbarung zwischen einem Gläubiger (Auftraggeber, Vermieter) und einem Schuldner (Auftragnehmer, Vermieter) voraus. Ausgangslage ist, dass der Schuldner entweder Geld oder eine Leistung erbringen muss. Damit der Gläubiger sicher sein kann, dass er Geld oder Leistung auch bekommt, wenn der Schuldner insolvent wird, kann er sich diesen Vertrag durch eine Bürgschaft abdecken lassen. Jetzt kommt es zu einem Bürgschaftsvertrag mit einem bisher unbeteiligten Dritten. Dieser Dritte ist der Bürge (Bank oder Versicherer). Er stimmt im Bürgschaftsvertrag zu, die Schuld zu übernehmen, falls der Schuldner nicht mehr bezahlen kann.
Nun stellt sich die Frage: Was ist die selbstschuldnerische Bürgschaft? Der Begriff selbstschuldnerisch hat mit der Inanspruchnahme der Bürgschaft zu tun. Angenommen, der Schuldner kommt seiner Verpflichtung nicht nach. Der Bürge muss dann direkt für den Schuldner einspringen, ohne dass zuvor die Forderung beim Schuldner eingetrieben wird und ein Gerichtsprozess nötig wird.
Selbstschuldnerische Bürgschaft und BGB – was wird geregelt?
Die Frage "Was ist eine selbstschuldnerische Bürgschaft?" beantwortet in erster Linie das BGB. In § 771 BGB erhält der Bürge das Recht, die Inanspruchnahme durch den Gläubiger zu verweigern, solange der Gläubiger noch nicht versucht hat, seine Forderungen beim Schuldner einzutreiben. Laut § 773 BGB kann der Bürge darauf verzichten und das Recht, dass in der Rechtssprache "Einrede der Vorausklage" heißt, wird dann im Bürgschaftsvertrag ausgeschlossen. Dadurch wird der Bürge zum Selbstschuldner und haftet wie der Schuldner.
Was ist der Unterschied zwischen Ausfallbürgschaft und selbstschuldnerischer Bürgschaft?
Die Ausfallbürgschaft ist die klassische Bürgschaft nach BGB, bei der keine Rechte des Bürgen im Vertrag ausgeschlossen wurden. Der Unterschied selbstschuldnerische Bürgschaft und Ausfallbürgschaft besteht also darin, dass der Gläubiger sich mit seinen Forderungen in der Regel erst einmal nur an den Schuldner wenden darf.
Zahlt oder leistet der Schuldner nicht wie vereinbart, muss der Gläubiger alle Möglichkeiten ausschöpfen, die sich bieten, um trotzdem an sein Geld oder seine Leistung zu kommen:
Erst, wenn der Gläubiger alle diese rechtlichen Handhaben ausgeschöpft hat, kann er sich bei der Ausfallbürgschaft mit seiner Forderung an den Bürgen wenden.
Was muss im Bürgschaftsvertrag einer selbstschuldnerischen Bürgschaft stehen?
Grundsätzlich gehören in einen Bürgschaftsvertrag für die selbstschuldnerische Bürgschaft folgende Informationen:
Um das Risiko des Bürgen einzuschränken, können die Beteiligten im Vertrag für die selbstschuldnerische Bürgschaft weitere Punkte vereinbaren:
Solvente Bürgen sind leicht zu finden
Die selbstschuldnerische Bürgschaft hat Vorteile, die sie zu einem begehrten Sicherheitsinstrument bei zahlreichen Geschäften machen. Doch Privatpersonen wie Geschäftsführer oder Gesellschafter nehmen als Bürgen ein immenses Risiko auf sich. Sie haften nämlich für diese Art Bürgschaft mit ihrem Privatvermögen als Selbstschuldner. Versicherungsunternehmen übernehmen Bürgschaften dagegen als solvente, gewerbliche Bürgen. Sie geben laut § 349 HGB immer eine selbstschuldnerische Bürgschaft aus und sind damit die ideale Alternative.
Kritaya Moschna, Spezialistin Kautionsversicherungen
Wie sehen bei der selbstschuldnerischen Bürgschaft Vor- und Nachteile aus?
Vergleichen wir selbstschuldnerische Bürgschaft und Ausfallbürgschaft aus Sicht des Bürgen, so steht er bei der selbstschuldnerischen Bürgschaft einem deutlich höheren Risiko gegenüber, da ihn ein Gläubiger sehr viel schneller in Anspruch nehmen kann.
Für den Gläubiger hingegen gewinnt die selbstschuldnerische Bürgschaft an Bedeutung, denn seine Forderung ruht auf mehreren Schultern: denen des Schuldners und denen des Bürgen. Außerdem spart sich der Gläubiger bei der selbstschuldnerischen Bürgschaft Zeit. Sofern der Schuldner nicht wie vereinbart zahlt oder leistet, kann er sich, ohne zu mahnen, direkt an den Bürgen wenden, um seine eigenen Forderungen zu befriedigen.
Selbstschuldnerische Bürgschaft am Beispiel: Mietbürgschaft für Gewerbe
Vermieter verlangen von ihren gewerblichen Mietern in den meisten Fällen eine Sicherheit in Höhe mehrerer Monatsmieten. Damit möchten sie Schäden bezahlen, die der Mieter beim Auszug unter Umständen hinterlässt, oder sie überbrücken damit die Zeit, die zwischen einer Zahlungsunfähigkeit und der Räumung des Objekts liegen kann. Für gewerbliche Räume sind die Vermieter dabei nicht an die üblichen drei Monatsmieten im privaten Bereich gebunden. Daher benötigen Firmen eine hohe Sicherheitsleistung für ihre gemieteten Gewerberäume.
Der Vermieter kann bei einer selbstschuldnerischen Bürgschaft bei Zahlungsproblemen unmittelbar auf den Bürgen zugehen und seine Forderung stellen, ohne zuerst rechtliche Schritte gegen den Mieter einzuleiten. Dadurch sind viele Vermieter gerne bereit, eine selbstschuldnerische Bürgschaft anstelle einer Bareinlage als Sicherheit zu akzeptieren – besonders, wenn der Bürge ein solides Versicherungsunternehmen ist.
Eng verwandt mit der selbstschuldnerischen Bürgschaft ist die Bürgschaft auf erstes Anfordern. Sie verringert das Risiko des Gläubigers noch weiter, erhöht dieses aber ernorm für den Schuldner und den Bürgen. Neben der Einrede auf Vorausklage verzichtet der Bürge dabei auch auf seine Einrede der Anfechtbarkeit nach § 770 BGB. Damit kann der Gläubiger vom Bürgen Zahlung verlangen, ohne vorher zu belegen, dass die Forderung besteht. Alle Streitigkeiten können die Beteiligten erst klären, wenn der Bürge bereits geleistet hat.
Wie kann ich eine selbstschuldnerische Bürgschaft kündigen?
Die Kündigung durch den Bürgen ist bei einer selbstschuldnerischen Bürgschaft nicht ganz einfach. Doch besonders wenn für die Bürgschaft keine zeitliche Begrenzung vereinbart ist, hat der Bürge in der Regel das Recht, unter bestimmten Bedingungen zu kündigen. Manchmal vereinbaren die Parteien auch im Vertrag der selbstschuldnerischen Bürgschaft ein Kündigungsrecht. Allerdings gilt die Kündigung des Bürgen häufig nur für zukünftige Verbindlichkeiten. Für alle Forderungen, die bis zu diesem Zeitpunkt entstanden sind, bürgt er dann weiter. Rat und Hinweise zur Kündigung einer Bürgschaft erhalten Sie bei einem Rechtsberater Ihrer Wahl.
Bürgschaftsarten und Bürgschaftsformen: Einfach erklärt
Diese und weitere Fragen beantwortet unsere Spezialistin für Bürgschaften in unserem Video zum Thema Bürgschaftsarten und Bürgschaftsformen.
Fazit
Die Bürgschaft dient in der Regel als Sicherheit für eine vertragliche Pflicht, die ein Schuldner gegenüber einem Gläubiger übernimmt. Dabei steht ein unbeteiligter Dritter als Bürge für diese Pflicht gerade, sofern der Schuldner nicht leisten kann. Bevor Bürgen und Gläubiger jedoch einen Bürgschaftsvertrag eingehen, benötigen sie für die selbstschuldnerische Bürgschaft eine Definition: Einfach gesagt, bedeutet diese Bürgschaftsvariante, dass ein Gläubiger sich mit seiner Forderung ohne weitere rechtliche Schritte an den Bürgen wenden kann, falls der Schuldner nicht leistet. Dabei muss er zuvor weder dem Schuldner Mahnbescheide zustellen noch die Zwangsvollstreckung einleiten. Der Bürge verzichtet für diese Regelung im Vertrag auf sein Recht nach § 771 BGB. Dieses Vorgehen unterscheidet selbstschuldnerische Bürgschaft von Ausfallbürgschaft.